Gesundheit Alleinerziehender
In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2003 analysiert das Robert Koch Institut vorliegende Daten zur Gesundheit alleinerziehender Mütter und Väter. Zwar liegt die Untersuchung bereits 10 Jahre zurück, aber die grundlegenden dort beobachteten Trends und Unterschiede zu verheirateten Elternteilen dürften nach wie vor gültig sein.
Gesundheit alleinerziehender Mütter
Gemäß der Untersuchung des Robert Koch Institutes zeigen alleinerziehende Mütter eine signifikant stärkere Belastung durch Erkrankungen im Lebenslauf. Im Vergleich zu verheirateten Müttern litten bzw. leiden alleinerziehende Mütter insbesondere signifikant häufiger an Nieren- und Lebererkrankungen, chronischer Bronchitis und Migräne. Mit 24,7% gaben zudem mehr als doppelt so viele alleinerziehende Mütter als verheiratete Mütter psychische Erkrankungen an. Auch Schwerbehinderungen treten bei Alleinerziehenden Müttern häufiger auf als bei verheirateten Müttern.
Im Hinblick auf Befindlichkeitsstörungen, wie Schwäche- oder Schwindelgefühl, innere Unruhe, Reizbarkeit und Schlaflosigkeit, Kreuz- und Rückenschmerzen weisen alleinerziehende Mütter ebenfalls signifikant höhere Ausprägungen auf als verheiratete Mütter.
Bezüglich psychischer Beeinträchtigungen schildern alleinerziehende Mütter häufiger Nervosität, Niedergeschlagenheit und Traurigkeit, sowie ein geringeres Ausmaß an positiver Stimmung. Ebenfalls leiden alleinerziehende Mütter deutlich häufiger an Schmerzen verschiedenster Ursachen als verheiratete Mütter. Alleinerziehende Mütter schätzen entsprechend ihren Gesundheitszustand auch als im Durchschnitt schlechter ein als dies verheiratete Mütter tun. Ebenso bewerte alleinerziehende Mütter ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität kritischer.
Es ergeben sich Hinweise, dass Unterschiede im Gesundheitsverhalten einen Teil der Unterschiede zwischen alleinerziehenden und verheirateten Müttern erklären können. So wurde eine doppelt so hohe Raucherrate bei alleinerziehenden (45,8%) wie bei verheirateten (23,6%) Müttern beobachtet. Dies wiederum mag Folge der erhöhten psychischen Belastung alleinerziehender Mütter sein, da erhöhte Belastungen das Rauchverhalten fördern.
Auch wenn die Schichtzugehörigkeit an sich nicht alle Unterschiede aufklären kann, zeigt sich in der Studie ein starker Effekt der Einkommenszufriedenheit.. So bewerten mit ihrem Einkommen zufriedene alleinerziehende Mütter ihre Gesundheit ähnlich wie die Gruppe der mit ihrem Einkommen zufriedenen verheirateten Mütter. Ebenso ähnlich ist Gesundheitsbewertung der mit ihrem Einkommen unzufriedenen alleinerziehenden Mütter mit der Bewertung der mit ihrem Einkommen unzufriedenen verheirateten Mütter. Weil aber alleinerziehende Mütter häufiger mit ihrem Einkommen unzufrieden sind, mag dies auch die geringere Zufriedenheit mit der Gesundheit erklären.
Dabei ist die Zufriedenheit mit dem eigenen Einkommen wiederum hochgradig mit der tatsächlichen Einkommenshöhe assoziiert. Einkommensunterschiede zwischen alleinerziehenden und verheirateten Müttern stellen insofern wahrscheinlich einen maßgeblichen Kausalfaktor dar für die im Durchschnitt schlechtere Befindlichkeit alleinerziehender Mütter. Geringes Einkommen erhöht dabei vermutlich den Belastungsgrad, was wiederum gesundheitsschädliche Verhaltensweisen fördern kann.
Als ein wesentlicher Schutzfaktor ergibt sich aus der Untersuchung die Verankerung in sozialen Netzwerken: In ein stützendes soziales Bezugssystem eingebettete alleinerziehende Mütter weisen demnach eine deutlich bessere Befindlichkeit auf als alleinerziehende Mütter, denen es an stabilen sozialen Kontakten mangelt.
Insgesamt weisen die Befunde zwar auf eine erhöhte gesundheitliche Belastung alleinerziehender Mütter im Vergleich zu verheirateten Müttern hin, dennoch ist der positive Befund, dass die ;Mehrheit der alleinerziehenden Mütter einen guten bis sehr guten Gesundheitszustand schildert. Viele alleinerziehende Mütter sind entsprechend dazu in der Lage, die bestehenden Belastungen ohne gesundheitliche Schäden zu bewältigen, wobei Einkommenszufriedenheit und Verfügbarkeit von Sozialkontakten maßgebliche Faktoren für das gesundheitliche Befunden alleinerziehender Mütter sind.
Gesundheit alleinerziehender Väter
Im Gegensatz zu alleinerziehenden Männern scheint sich nach den deutlich spärlicheren Daten für alleinerziehende Väter deren Gesundheit nicht signifikant von verheirateten Männern zu unterscheiden. Dennoch lassen sich auch bei alleinerziehenden Vätern Belastungen im Bereich der subjektiven Lebenszufriedenheit erkennen, wobei alleinerziehende Väter sich deutlich seltener als mit ihrem Lebens zufrieden oder sehr zufrieden zeigen als verheiratete Väter (46,5% versus 72,7%). Ebenso deutlich sind alleinerziehende Väter weniger zufrieden mit ihrem Lebensstandard und ihrem Haushaltseinkommen. Zudem gibt es - ähnlich wie bei den alleinerziehenden Müttern, wenn auch weniger stark ausgeprägt - bei den alleinerziehenden Väter mehr Raucher als bei den verheirateten Väter.
Auch alleinerziehende Männer sind insofern stärkeren Belastungen ausgesetzt, die sich bei diesen allerdings - im Gegensatz zu alleinerziehenden Müttern - kaum auf die Gesundheit, wohl aber auf ihre subjektive Lebenszufriedenheit auswirken. Möglicherweise hängt dieser Unterschied zwischen alleinerziehenden Vätern und alleinerziehenden Müttern auch mit der Belastungshöhe zusammen, die bei alleinerziehenden Mütter mit im Durchschnitt geringerem Einkommen und kleineren Kindern höher ist als bei alleinerziehenden Vätern.
Implikationen für politisches Handeln
Die Gesundheit alleinerziehender Mütter ist im Durchschnitt schlechter als die Gesundheit verheirateter Mütter. Alleinerziehende Väter weisen zwar im Durchschnitt keine schlechtere Gesundheit auf als verheiratetet Väter, sind aber in geringerem Ausmaß mit ihrem Leben zufrieden und zeigen einen höheren Belastungsgrad. Insbesondere bei den alleinerziehenden Müttern sind es vermutlich auch finanzielle Belastungen, die ihren Belastungsgrad erhöhen und sich ungünstig auf die Gesundheit auswirken, wobei dieser Effekt auch durch eine resultierende reduzierte gesundheitliche Selbstfürsorge gefördert wird.
Politische Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit sind entsprechend der vorliegenden Daten vorwiegend für alleinerziehende Mütter indiziert, wobei die Verbesserung der finanziellen Situation der durch Mütter geleiteten Einpersonenfamilien wie auch die direkte Förderung eines positiven Gesundheitsverhaltens am ehesten in der Lage sein dürften, die Gesundheit alleinerziehender Mütter zu verbessern.